Ersetzt KI uns Pädagogen?

29. April 2019 - Alle Kategorien, Zukunft des Lernens

Autoren: Rainer Janicki, Expertenteam-LuB-Mitglied Christian Helmus debeka

Ersetzt KI uns Pädagogen?

Stell Dir vor, du musst deine Standardvorträge, -einführungen, Grundlagenseminare nicht mehr selbst halten. Das würde Kollege Roboter für Dich übernehmen, ausgestattet mit künstlicher Intelligenz. Diese wäre in der Lage, zum Beispiel die Aufmerksamkeit der TeilnehmerInnen genau zu registrieren und individuell darauf zu reagieren: Wirken die Lernenden gelangweilt, ist die nächste didaktische Einheit vielleicht gamebased. Ist jemand gut in einer Aufgabe, 
steigert die Künstliche Intelligenz für diesen Schüler automatisch die Komplexität der nächsten …

Professor Dr. habil. Christoph Igel, Wissenschaftlicher Leiter des Educational Technology Lab des Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz hat uns im Expertenteam LuB in einem faszinierenden Vortrag  das Thema Künstliche Intelligenz und Bildung eingehend beleuchtet. Das oben erwähnte Beispiel existiert tatsächlich als Szenario in der Forschung, ist aber von der Bildungsrealität vor allem von Deutschland weit entfernt (Forschung dazu wird derzeit etwa in China oder in der Schweiz betrieben).

Bildung 4.0

Igel forscht seit mehr als 20 Jahren zu den Interaktionen zwischen Bildung, Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz. Heute reden wir von Bildung 4.0 als Voraussetzung für die Industrie 4.0: Die Menschen müssen für die neuen Aufgaben und Anforderungen qualifiziert werden. Nur weiß heute leider noch niemand, wie die Jobs von morgen und übermorgen aussehen. Wohin und wofür soll also qualifiziert werden?

Ein wesentlicher Treiber der KI-Entwicklung ist die Vernetzung von Computern, das Internet der Dinge und die dadurch verfügbaren Datenmengen: 2012 waren schätzungsweise erstmals so viele Computer miteinander vernetzt, 
wie Menschen auf diesem Planeten leben; 2015 waren es bereits doppelt so viele Computer; 2030 werden es nach konservativen Schätzungen bis zu 50 Milliarden Computer sein (andere Schätzungen gehen von 500 Milliarden und mehr aus).

Das datengetriebene Perputuum Mobile

Diese vernetzten Systeme generieren eine Datenmenge, die vom Menschen nicht mehr beherrschbar ist. Wir brauchen also eine Technologie, um die durch unsere Technologie produzierte Datenmenge in den Griff zu bekommen (Big Data) 
– und haben somit ein Perpetuum Mobile autonomer Systeme in die Welt gesetzt.  Der Datenaustausch entzieht sich der menschlichen Steuerung und Kontrolle – für Künstliche Intelligenz ist dies jedoch eine native Aufgabe.

Smart education - wo ist die „künftige Informatik“ im Kontext „Lernen“?

Die Entwicklung der Bildungstechnologien kann in vier aufeinander aufbauende Phasen eingeteilt werden:

• Corporate Education = Einsatz digitaler Technologien zu Bildungszwecken vornehmlich im Unternehmensbereich (heute Stand der Schulen)
• Social Education
• Mobiles Lernen (heute Stand der Hochschulen „Uni auf dem Smartphone/Tablet“)
• Smart Education/Intelligent Education = Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Bildungswesen; heute vornehmlich im Bereich der beruflichen Bildung zu finden

Für die Praxis ergibt sich aus dieser Entwicklung ein Zielkonflikt, insbesondere mit Blick auf die Digital Natives 
(die, so Igel, nicht Kraft ihrer Geburt grundsätzlich digital kompetent, sondern bestenfalls medienbedienkompetent sind): Lernen ist ein aktiver Prozess des Auseinandersetzens mit Inhalten. Die Entwicklung geht aber weg vom Text, hin zu visuellen Inhalten, die nur noch konsumiert werden.

Smart Education verbindet kognitive Inhalte mit handlungs- und problemlösungsorientierten Inhalten – zum Beispiel in dem eine VR-Brille bei der Bedienung einer Maschine assistiert. Solche digitalen Assistenzsysteme können Lern- und Arbeitsprozesse sinnvoll unterstützen und werden vermehrt für den betrieblichen Kontext entwickelt.

Wieviel Technologie wollen wir?

Künstliche Intelligenz hat klare Vorteile gegenüber uns Menschen in puncto kognitiver Intelligenz. In wissensintensiven Prozessen ist diese deutlich schneller und empfiehlt sich somit als Bestandteil von Lerntechnologien. Künstliche Intelligenz kann assistierend in der Interaktion zwischen Lehrendem und Lernenden eingesetzt werden, wie im eingangs erwähnten Beispiel. Künstliche Intelligenz kann eine Entlastung von standardisierten Methoden und Prozessen sein und damit dem Lehrenden mehr Freiräume verschaffen.

Die Frage, die wir uns dabei stellen müssen, ist: Wieviel Hochtechnologie wollen wir in Bildungs- und Arbeitsprozessen haben und können wir Voraussetzungen dafür bereitstellen? Konkret stellen wir uns im Expertenteam die Frage, wo es in Lernprozessen in der Versicherungsbranche konkrete Einsatzgebiete für Künstliche Intelligenz geben kann? Einig sind wir uns im Team, dass die Lernverantwortung unverändert beim Lernenden bleibt. Künstliche Intelligenz kann nur ein unterstützendes Mittel in einem Lernprozess sein. Offen bleibt nur, wo diese Unterstützung in welcher Form heute schon möglich uns sinnvoll ist. Dieser Frage/n wollen wir uns im Team weiterhin widmen – wir halten euch auf dem Laufenden!

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